Tourbericht Amsterdam 29.11.2010

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    • Tourbericht Amsterdam 29.11.2010

      Amsterdam, Sonntag 28.11.2010 und Montag 29.11.2010

      Ich reise am Sonntag zitternd und mit rasendem Puls Richtung Amsterdam. Scheisse, ich bin so richtig krank. Aber Lille war trotzdem ein super Erlebnis.

      In Amsterdam checke ich ins Hotel ein und falle wie tot ins Bett. Ich habe nicht mal die Kraft, mir in einer Apotheke Medikamente zu besorgen, zum Glück habe ich aber noch ein bisschen was da. Hunger habe ich sowieso nicht, also auch kein Problem mit Futterbeschaffung.

      Am Montagmorgen fühle ich mich noch nicht wirklich besser, aber ich habe mich so auf Amsterdam gefreut, da kommt es nicht in Frage, den ganzen Tag im Bett zu liegen. Ich laufe ein wenig durch die Stadt, plündere eine Apotheke, dröhne die Erkältung mit Drogen weg und mache es mir eine Zeitlang in einem Café gemütlich, bevor ich dann das Erotic Museum und das Rotlichtviertel besichtige.

      Es ist alles noch beim alten in Amsterdam, Sex, Drugs und überall sehr entspannte Leute. Popeye hat mich vorgewarnt, es sei in Luxembourg auch nicht wärmer als in Lille, also kaufe ich mir noch schnell einen warmen Pulli.

      Im Hotel treffe ich auf den Hotelmanager – und was viel wichtiger ist – auf seinen Hund. Er ist ein schokobrauner Retriever und einfach zum Knuddeln. Das tut gut, besser als jede Medizin. Nachdem wir lange gespielt und gekuschelt haben, wird’s Zeit für mich, in die Konzertklamotten zu steigen und mich zum Paradiso aufzumachen.

      Mittlerweile schneit es. Der Schnee scheint Airbourne quer durch Europa zu folgen. Zum Glück ist es nicht weit und es stehen nur gerade vier Fans schon da. Wir kriechen so weit wie möglich unters Vordach, um dem kalten Wind zu entgehen.

      Beim Einlass sind wir noch immer nicht viel mehr Leute und es gibt auch keinen Kampf, wir gehen einfach gemütlich rein.

      Ich bin die erste im Innenraum, sage Hallo zu Enforcer, die noch letzte Hand ans Equipment legen. Dann schaue ich mich um und entdecke, dass es einen durchgehenden Balkon gibt, sogar auf zwei Etagen! Es wäre zwar super, hier ganz vorne zu stehen, es gibt nicht mal Barriers, aber ich bin immer noch total schwach, habe Fieber und Schüttelfrost und entscheide, dass ich zur Abwechslung mal etwas Vernünftiges tun sollte. Also geht’s im Zeitlupentempo hoch auf den Balkon, wo ich mich dann brav hinsetze. Airbourne im Sitzen. Kommt mir vor wie ein anderes Universum.

      Gleich darauf setzen sich ein paar nette Leute neben mich und wir unterhalten uns ein wenig.

      Das Paradiso ist eine super Halle mit diversen Möglichkeiten, man kann direkt vor die Bühne, aber auf der Seite geht’s drei Treppenstufen hoch, so dass man zwar nicht mitten im Chaos, aber doch sehr nah dran ist. Dann gibt’s hinten die Bar für die Hänger, auch etwas erhöht, und zuletzt noch die beiden Balkone.

      Die Decke ist aus Holz, sieht alt aus, die Fenster an einem Ende der Halle sehen aus wie Kirchenfenster. Sehr speziell. Die Bühne ist echt klein, aber mir gefällt das ja.

      Komisch, ich hatte doch den Tourbus der Black Spiders gesehen? Wieso spielen dann jetzt Enforcer? Meine Nachbarin klärt mich auf, dass die Black Spiders nach Airbourne im kleinen Saal im oberen Stock spielen werden. Warum das denn?! Na ja, wenn ich die Kraft habe, werde ich sie mir auf jeden Fall ansehen.

      Es sind nicht viele Leute da, als Enforcer anfangen zu spielen, aber anders als Taking Dawn wissen Enforcer die Leute, die da sind, zu schätzen. Am Anfang ist der Sound noch ziemlich mies, das muss nun wirklich nicht sein, wenn man doch schon einen ganzen Tag hier ist. Im Laufe des Auftritts wird’s aber noch besser.

      Der Umbau dauert ziemlich lange und Mole macht wieder seine Spässchen mit dem Publikum. Langsam füllt sich das Paradiso bis auf den letzten Platz.

      Die Sicht von hier oben ist super und als Airbourne endlich auf die Bühne stürmen, weiss ich, dass ich mich richtig entschieden habe. Die Leute gehen ab wie die Verrückten und fangen ohne Umschweife an zu moshen. Ich habe ja auf dem Stuhl sitzend schon Mühe, zu atmen und nicht zur Seite wegzukippen.

      Es ist eine Freude den Jungs und dem Publikum beim Rocken zuzuschauen.

      Joel sagt zu den Leuten, in Australien hätten sie einen speziellen Ausdruck für Amsterdam: Amsterdamage! Und wirklich, wenn man den Leuten so zuschaut, wow, eine wilde Meute! Da es keine Barriers gibt, klettern ziemlich viele auf die Bühne, um dann mit wagemutigen Stagediving-Kunstsprüngen wieder im Publikum zu verschwinden. Die Jungs schütteln Pfötchen und lassen sich auf die Schultern klopfen, während sie weiterspielen. Ein Headbanger klettert hoch und bangt Kopf an Kopf mit Streety, Rock’n’Roll!

      Es gibt auch so ein paar Schelme, die nur kurz auf die Bühne klettern, um ein Guitar-Pick zu klauen und gleich wieder den Rückzug anzutreten. Dave und Streety grinsen sich im Hintergrund zu über so viel Dreistigkeit, während Adam geduldig Picks nachliefert.

      Bei Girls in Black wirft Joel einen kurzen Blick auf die Seite der Bühne und grinst, da ist eine Klettermöglichkeit! Schon ist er unterwegs nach oben und die Leute helfen ihm über die Brüstung auf den Balkon. Er rockt direkt an mir vorbei zur Mitte hinten, wo er ein langes Solo hinlegt. Als er hinten zur Türe raus will, sieht er die Treppe zum höher gelegenen Balkon. Natürlich will er gleich hoch, aber Adam packt ihn von hinten am Gurt, nichts da! Er gehorcht brav und läuft hinter Adam her raus und die Treppe runter, um dann von hinten Richtung Bühne auf Adam’s Schultern zu reiten.

      Von hier oben kann ich endlich auch mal Ryan gut sehen, wie der sich abrackert und dann trotz der Anstrengung oft auch noch mitsingt.

      Ein Typ, der die Bühne gestürmt hat, klopft Joel auf die Schultern, wendet sich zum Gehen und zupft einmal spitzbübisch an Joels Gitarrensaiten. Der grinst und streckt ihm gleich die Gitarre entgegen, er soll noch was spielen. Das macht der auch und hüpft dann unter Applaus zurück ins Publikum.

      Ich glaube, es ist bei Cheap Wine, wo Joel die Leute auffordert, statt auf die Schultern des Nachbarn zu sitzen, doch einfach gleich auf die Bühne zu klettern. Die ersten, die oben sind, helfen den nachfolgenden hoch und bald ist der halbe Saal dichtgedrängt auf der Bühne und rockt, während die Jungs irgendwo mittendrin cool weiterspielen. Die Fandichte auf der Bühne ist so hoch, dass ich sogar ein zwei Leute sehe, die auf der Bühne oben crowdsurfen!

      Nach dem Song steigen oder springen dann alle schön wieder runter und nehmen im Vorbeigehen noch schnell die Setlists mit.

      Joel sieht ein blondes Girl beim Surfen und schreit: „YOU are BLONDE, BAD and BEAUTIFUL!“

      Nach dem Gig geht’s gleich weiter mit den Black Spiders. Es sind leider nicht viele geblieben, aber die, die da sind, haben einen Heidenspass! Vorne wird wieder gemosht und geflippt und hinten stehen die Leute mit den Drinks in der Hand. Noch bevor der Gig vorbei ist, kommen Airbourne zur vorderen Seitentür rein, direkt bei den Moshern, drehen gleich wieder um und hauen ab. Ich gehe mal davon aus, dass sie danach die hintere Türe benutzt haben, ist auch besser, denn dort ist die Bar. :biggrin:

      Toby von Enforcer begegnet mir im Publikum und sagt Hallo. Nach dem Gig stehen alle rum, saufen und quatschen. Ich unterhalte mich mal mit dem Bassisten von den Black Spiders, der mir erzählt, eigentlich hätten sie ja jetzt in UK gespielt mit Volbeat, aber die hätten fünf Konzerte absagen müssen, weil der Sänger krank geworden sei. Da hätten Airbourne einfach gesagt „kommt wieder zu uns!“ und hier seien sie also. Heute sei leider von der Planung her nicht mehr möglich gewesen, mit Airbourne und Enforcer auf der grossen Bühne zu rocken, aber es sei auch hier ganz nett gewesen. Ich kaufe mir die Black Spiders CD, denn in Esch-Alzette wird ihre definitiv letzte Show mit Airbourne sein, danach geht’s mit Volbeat weiter. Wir stossen nochmal an und ich verabschiede mich.

      Danach gehe ich schön langsam die Treppe runter zum Ausgang, will meinem kranken Körper nicht schon wieder eine lange Nacht zumuten. Beim Eingang steht Streety, natürlich wieder mit einer Horde weiblicher Fans. Als er mich sieht, grinst er und zieht die Augenbrauen hoch. Von weitem zeige ich ihm stolz meine Black Spiders CD und drücke sie an mein Herz, er lacht und gibt mir ein Thumbs Up. Dann winken wir kurz und schon bin ich draussen im Schnee. Alles ohne Worte, hehe.

      Zu Fuss gehe ich glücklich und zufrieden durch das Schneetreiben zurück zum Hotel wo ich mit einem „willkommen!“ empfangen werde. Hach, da wird einen warm ums Herz.
      * * * Blessed are the cracked, for they let in the light! * * *

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Starlight ()

    • Danke Euch fürs Lesen, JellowCat und Bronco. :) Ja, die Tourberichte halten mich auch grade etwas über Wasser... eigentlich müsste ich ja jetzt die nächsten Festivals buchen, aber erst muss irgendwo Kohle her.... ächz.

      Also Amsterdam kann ich als Konzertlocation nur empfehlen, ich habe ganz schön gestaunt, wie das abging. Und alles auf sehr kameradschaftliche Art. War super.
      * * * Blessed are the cracked, for they let in the light! * * *