3. April 2010 - Airbourne in Manchester

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    • 3. April 2010 - Airbourne in Manchester

      Bei meiner Abfahrt aus Liverpool habe ich heute Morgen noch ganz wenig mehr von der Stadt gesehen und sie gefällt mir echt gut. Ich beschliesse, sie in meiner „Places-to-See“-Liste einzutragen. Hierher komme ich bestimmt nochmal. Manchester ist nicht weit weg und auch vom Charakter her ähnlich. Auch hier gibt’s viele Brick Houses, Wasser und alte, verfallene Hinterhöfe. Das verleiht der Stadt Charakter und einen ganz besonderen Charme.

      Zu meiner grossen Freude hat das Hotel ein hartes Bett. Yay! Mein Rücken bedankt sich schon mal.

      Als ich beim Apollo ankomme, stehen die Leute schon um die Hausecke herum. Ich sehe meine Chancen auf einen Platz in der ersten Reihe schwinden, aber als ich dann endlich rein kann, ist wie durch ein Wunder „mein Platz“ noch frei. Perfekt. Und was auch sehr schön ist, 30 Minuten nach Türöffnung fängt die Show hier an. Kein langes Warten und Rumstehen.

      Das Apollo selbst ist ideal für Konzerte, recht gross und mit superschönem Balkon, hoch und breit ist es hier, ein richtiges Theater. Die Stalls sind von hinten nach vorne zur Bühne leicht abschüssig, so dass man auch weiter hinten sicher noch gut sehen kann. Ich bin hingerissen von der Schönheit dieses alten Theaters. Man kann sich locker vorstellen, wie hier jeden Moment das Phantom der Oper auftaucht.

      Leider ist ein ziemlich breiter Graben zwischen der Bühne und der Absperrung. Die Absperrung hier ist die höchste bis jetzt. Ich komme mir irgendwie klein vor. Schade, es bangt sich viel besser bei niedrigen Barriers. Und die Band rockt auch meist etwas härter, wenn sie nahe am Publikum ist. Beides ist nicht ideal, aber da ich in der Front Row stehe, habe ich nicht wirklich was zu meckern.

      Als erstes kommen Taking Dawn auf die Bühne. Das Publikum hier ist weniger heiss als in Liverpool, aber laut sind auch die. Gerade als Publikum und Band langsam warm werden, hat der Sänger ein technisches Problem mit der Gitarre. Während er einem Nervenzusammenbruch nahe ist, nehmen es der Drummer und der Bassist mit Humor, witzeln herum, spielen ein paar Solos und jammen, bis der Sänger wieder mitmachen kann. Dem Publikum gefällt die Sondereinlage. Der Drummer ist aber auch wirklich gut und ein echt sympathischer Typ.

      Die Black Spiders, was soll ich sagen? Mein Dilemma besteht immer noch, aber so oder so, es rockt ganz schön und die Jungs haben Spass auf der Bühne, das ist ansteckend.

      Als Airbourne die Bühne stürmen, fliegen mir fast die Ohren weg. Fuck, ist das laut! Mit Sicherheit der lauteste indoor Gig, den ich je gehört habe (inklusive AC/DC). Hart an der Schmerzgrenze, öfter mal darüber, aber perfekt gemischt. Plötzlich frage ich mich, ob Ohren vom Lärm tatsächlich anfangen zu bluten...

      Erste Amtshandlung von Streety: Schnürsenkel binden. War wohl keine Zeit mehr backstage. Dann geht’s richtig los und er grinst mich an und streckt mir die Zunge raus, bevor ich dazu komme. Gut, dann reisse ich heute mal die Augen auf.

      Joel ist ganz konzentriert, singt alle Texte vorbildlich korrekt, nur ganz am Schluss, bei „Stand up for Rock’n’Roll“, dass er doch im Schlaf können sollte, patzt er. Ich schüttle den Kopf und er grinst frech. Ich mag das, der Mann scheint durch nichts zu erschüttern. Ach was, die ganze Band ist einfach nur cool und relaxed. Streety ist mal wieder im Rückwärtsgang unterwegs, bleibt irgendwo hängen und setzt sich gepflegt auf den Hintern. Er lacht nur und spielt weiter. Als er wieder auf den Beinen ist, läuft ihm Adam nach, um das Kabel für den Verstärker am Bass wieder einzustecken. Er entlässt Streety mit einem Klaps auf den Hintern und macht in gewohnter Guerilla-Manier einen Abgang von der Bühne. Der Typ muss echt alles mit Argusaugen verfolgen, so schnell wie er immer an Ort und Stelle ist und alles wieder in Ordnung bringt, was Airbourne umwerfen, abreissen oder sonstwie demolieren.

      Joel ist bei dieser Show einfach überall. Auf seinem ersten Ausflug durchs Publikum spielt er erst mal entlang der Absperrung und hüpft genau bei mir auf den Tritt für die Security. Hui, ganz schön nah, soll ich mal anfassen? Er ist total nassgeschwitzt und ich überlege zu lange. Schon zieht er weiter, hinten aufs Podest. Yay! Ich kann ihn trotz Gedränge gut sehen! Vom Podest geht’s weiter, rauf auf den Balkon. Sieht einfach nur geil aus, hoffentlich tauchen viele Fotos von diesem speziellen „Phantom der Oper“ im Netz auf. Doch damit nicht genug. Kaum zurück von seinem Ausflug nimmt er den Mikroständer und die Gitarre und geht zum Verstärkerturm. Adam rennt mal wieder und hilft mit dem Kabelsalat, so dass Joel samt Gitarre und Mikroständer auf dem Verstärkerturm weiterspielen kann. Der Rest der Band grinst nur über diese neue Idee.

      Dave kommt oft vorbei und schaut sich das Publikum genau an. Er bangt die ganze Show durch und scheint total fit und gut drauf zu sein, er grinst sogar auch ein paar Mal.

      Streety bangt mal wieder in einem Tempo, da kann ich nur staunen. Trotz der grossen Distanz spritzen seine Haare bis zu uns in die Front Row.

      Bei meinem Liverpool Bericht hatte ich’s vergessen zu erwähnen, aber Joel hat sich ein neues kleines Spiel ausgedacht. Crowdsurfing ist ja leider in immer mehr Venues mit dem Rausschmiss bedroht, aber statt die Leute zum Surfen aufzurufen, fordert er sie auf, sich auf die Schultern der Kumpels zu setzen. In Windeseile kommen jede Menge Leute hoch.

      Ryan kämpft unterdessen mit seinen Drums. Sein Equipment hat sich wohl selbständig gemacht und während er weiterspielt, werden die Drums von einem Techniker unauffällig wieder rangerückt.

      Joel verspritzt jede Menge Bier, eine willkommene kleine Abkühlung, und ich staune, wie weit er die Dosen werfen kann, bis ganz hinten in den Saal. Boah, bleibt nur zu hoffen, dass die rechtzeitig mitgekriegt haben, dass da was geflogen kommt.

      Kurz darauf sprintet Streety nach vorne an den Bühnenrand und kommt dabei auf dem Bier mächtig ins Rutschen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ihn schon in den Graben segeln, aber er kommt gerade noch rechtzeitig zum Stehen und macht sich dann eher vorsichtig auf den Rückweg zu seinem Mikro. Wäre nicht der erste Musiker gewesen, der mir praktisch in den Schoss fällt, aber das ist eine andere Geschichte.

      Mein Nebenmann hat mitten im Getöse und Getümmel das dringende Bedürfnis, mir zu sagen, dass da doch glatt einer versucht habe, sich vorzudrängeln. Ich weiss im Moment nicht wirklich, was daran erwähnenswert wäre, denn mir drückt grade einer von hinten den Ellbogen in den Rücken, ein Arm legt sich bleischwer auf meinen Kopf und irgendwer hat sein Bein zwischen meine Beine gestellt und versucht, mich zur Seite zu schieben, aber als der Typ dann noch erwähnt, das sei sein erstes Konzert, ist der Fall klar. Junge, get used to it!

      Atmen ist heute nicht ganz einfach, Asthma und Erkältung, keine gute Kombination, am Ende des Konzerts bin ich ganz schön am Husten und irgendwie erleichtert, dass ich‘s geschafft habe. Aber andererseits bin ich auch etwas traurig, die Tour ist bald zu Ende.

      Streety wirft Gitarren-Picks wie kleine Frisbees ins Publikum. Die Dinger fliegen unheimlich weit auf diese Art. Neue Trendsportart: „Extreme-Guitar-Pick-Hurling“.

      Nach der Show werde ich noch reich beschenkt. Ich kriege ein Wasser, ein Bier und die Setlist! Zwei Leute von Airbourne UK fragen, ob sie ein Foto von der Setlist machen dürfen. Klar doch. Wir quatschen nur kurz, dann verlieren sich unsere Wege im Gedränge. Schade, hätte gerne einen Drink mit ihnen genommen. Aber vielleicht sind sie ja auch in Wolverhampton dabei.
      Bilder
      • Setlist_Manchester_2010_04_03_small.jpg

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      * * * Blessed are the cracked, for they let in the light! * * *