Airbourne in Paris 26. März 2010

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    • Airbourne in Paris 26. März 2010

      Paris 26. März 2010

      Als ich in Paris einfahre, ist natürlich alles, wie ich es kenne; Dreck, Lärm und gestresste Leute. Der erste Pariser mit dem ich rede ist denn auch gleich unfreundlich, und dass im Tourist Office. Egal, gleich drauf geht's mir besser, die Sonne kommt raus und die Brötchenverkäuferin lächelt und spricht sogar verständliches Französisch.
      Mit der Métro geht's zum Hotel und kaum bin ich im Zimmer, wird mir komisch. Wonach riecht es hier nur? Raumspray? Insektenvernichtungsmittel? Ich reisse erst mal das Fenster auf.
      Die letzten zwei Tage hatte ich so viel Stress mit dem toten Comp, der gesperrten Kreditkarte und der unglaublichen Menge an Arbeit ("wo Berge sich erheben..."), dass ich beschliesse, mich mal kurz hinzulegen.
      Das war wohl ein Fehler, als ich mit Mühe wieder aus dem Bett krieche, ist mir so richtig übel. Trotzdem, ich bin hier und ich gehe zum Konzert.

      Die erste Reihe ist schon besetzt, aber in der zweiten ist noch ein nettes Plätzchen frei. Ich stelle mich also mal da hin und schaue mich um. Das Zénith ist eine super Konzerthalle, mehr breit als lang, damit auch alle was sehen. Und hinten gibt's Tribünen. Gefällt mir. Was mir nicht so gefällt, ist die Grösse. Das Ding ist vielleicht etwas gross für Airbourne und als die erste Band auf die Bühne kommt, ist die Halle erst zwei Drittel voll. Das machen die Anwesenden allerdings mit umso grösserer Lautstärke und mit Enthusiasmus wieder wett.
      Schon die erste Band, Franzosen, wird richtig gefeiert und auch Taking Dawn sind total begeistert vom Jubel der Zuschauer. In der Zwischenzeit ist mir nicht mehr nur übel, sondern der Blutdruck verabschiedet sich auch gerade. Ich überlege, ob ich wohl ausnahmsweise mal Airbourne von einem Sitzplatz aus schauen sollte. Nein, ich beschliesse, vorne zu bleiben und konzentriere mich darauf, nicht plötzlich wegzusacken. In der Umbaupause zwischen Taking Dawn und Airbourne wird's langsam enger, gut für mich, dann kann ich mich etwas abstützen.
      Endlich stürmen Airbourne die Bühne und das Publikum geht gleich mit wie verrückt. Schade nur, dass die Franzosen einfach kein Englisch können und dementsprechend nicht mitsingen. Aber Hauptsache, sie machen schön Krach.

      Die Setlist weiss ich nicht mehr wirklich, aber es muss so der dritte Song gewesen sein, da geht eine mächtige Woge durchs Publikum und vor mir tut sich eine riesen Lücke auf, kommt mir vor wie ein Geschenk des Himmels, und schon bin ich in der ersten Reihe.
      Endlich irgendwo festhalten, es geht mir schon etwas besser. Und die Aussicht. Vier verrückte Australier im Overdrive. Yay! Urplötzlich ist die Übelkeit wie weggeblasen und den Blutdruck kann ich förmlich steigen fühlen. Jetzt wird gerockt, endlich!
      Joel verdreht die Augen, Streety bangt und ich mache beides gleichzeitig. Wie ich das Gefühl beim Headbangen liebe, fast wie fliegen! Die Jungs sind mächtig in Bewegung und wechseln ständig die Plätze, ausserdem gibt es direkt vor der Bühne an beiden Seiten Verstärkertürme, die einfach ideal sind zum Draufspringen. Ich weiss gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Direkt über mir spielt Joel auf den Verstärkern ein Solo, von der Seite spritzt plötzlich was Nasses, Dave ist auf unserer Seite. Weggetreten wie immer. Als es Zeit für den Chorus wird, steht er noch immer da und stellt sich ganz selbstverständlich vor Streety's Mikro. Der schaut kurz und sprintet gerade noch rechtzeitig über die Bühne zum andern Mikro. Flexibilität ist alles. Und Speed! Die Bühne ist breit!

      Heute sind die Texte etwas... freestyle. Joel versingt sich einmal komplett, und was immer er da singt, klingt zwar gut, steht aber so bestimmt nicht im Songtext. Den Franzosen wird's wohl nicht aufgefallen sein. Dave und Streety sind auch etwas abgelenkt und denken nicht immer an ihren Einsatz. Aber macht ja nichts, Hauptsache es ist live und alle haben Spass!
      Bei genauerem Hinsehen fällt mir auf, dass sie wohl mal wieder Zeit zum Duschen und Rasieren gehabt haben.
      Joel ist wirklich kreativ heute, singt "walking through the city, the lonely Paris' streets..." und bei "Too much, too..." singt er: "...you can't evade the eye in the sky, he got facial recognition. Paranoia on every JUSTIN STREET, it's hard to stay alive...". Streety, der bei dem Song ja immer mitsingt, schaut verdutzt auf, Joel grinst ihn an. "I stuck my finger in the honey, threw a dollar in the well, ..." wird von Joel mit eindeutigen Handbewegungen unterstrichen. Kleiner visueller Englischkurs für die Franzosen.
      Als sich Joel dann durchs Publikum aufmacht, sehe ich ihn leider nur ganz kurz an mir vorbei rocken, dann verliere ich ihn aus den Augen. Mist, ich hätte gerne gesehen, ob er noch ein Gerüst zum Klettern gefunden hat, denn so auf den ersten Blick hatte ich keine Möglichkeiten gesehen. Mein Blick geht wieder nach vorne, da fliegt in dem Moment eine Wasserflasche, zu und voll, an mir vorbei auf die Bühne, direkt vor Streety's Füsse. Der grinst ins Publikum und schreit "Thanks!", worauf auch gleich die zweite Flasche geflogen kommt. Er kann grade noch mehr oder weniger elegant ausweichen, macht dann eine fordernde Handbewegung und ruft: "Bring'em on!". Leider sind die Spielverderber (Security) schon da und gebieten mit strengem Blick Einhalt. Schade, hätte ein lustiges Spiel werden können.
      Die Security ist aber auch tough und unerbittlich hier. Dafür allerdings geben sie den Leuten in den vorderen Reihen Wasser.

      Die Zeit vergeht wie im Flug und als das Konzert fertig ist, bin ich es auch. Müde, nassgeschwitzt, glücklich. Ich stehe noch so da in der ersten Reihe und schaue gerade vom Boden wieder auf, da steht Streety vor mir und grinst. Freudige Überraschung, ich lache ihn an "Heeey!" und er strahlt zurück und scheint entschlossen, mir dieses Mal ein Gitarren-Pick zu schenken. Er streckt schon die Hand aus, ich auch, da kriegt die Meute mit, dass er da steht und schiebt sich wie eine riesige Walze über mich. Boah, Luft! Na ja, wir können die Gitarren-Pick-Geschenk-Übergabe ja noch ein paar Mal üben.

      Der Airbourne- Wasser-Mann kommt später noch vorbei und unterhält sich kurz mit mir. Ich kann ihm endlich für die Setlist von Köln danken und er gibt mir ein Wasser. Ist schon fast Tradition.
      * * * Blessed are the cracked, for they let in the light! * * *